Theater der Zeit

Gespräch

Wir sind pessimistisch

Der chilenische Dramatiker Guillermo Calderón über die Entstehung von „Colina“ im langen Schatten eines Justizskandals Im Gespräch mit Thomas Irmer

von Guillermo Calderón und Thomas Irmer

Erschienen in: Theater der Zeit: Queeres Theater – Romeo Castellucci — Die Mysterien von Eleusis (09/2023)

Assoziationen: Südamerika Dramatik Dossier: Chile Hebbel am Ufer (HAU)

Das Stück „Colina“ des chilenischen Dramatikers Guillermo Calderón in eigener Regie
Das Stück „Colina“ des chilenischen Dramatikers Guillermo Calderón in eigener RegieFoto: Cesar Pacheco

„Colina“ hat eine lange Entstehungsgeschichte und ist außerdem der letzte Teil einer Trilogie. Was ist der Zusammenhang dieser drei Stücke „Escuela“, „Mateluna“ und „Colina“?

Guillermo Calderón: 2013 wurden wir, d.h. meine Theater­gruppe, zum vierzigsten Jahrestag des Putsches von einem Festival beauftragt, etwas über die Geschichte der Diktatur zu machen. Wir entschieden uns, nicht etwas über den Anfang von Pinochets Herrschaft zu machen, sondern über deren letzte Phase 1990, als junge Leute in kleinen Widerstandsgruppen für den Kampf gegen die Junta an geheimen Orten im ganzen Land ausgebildet wurden. Sie wurden politisch geschult und auch für Einsätze mit Molotowcocktails ausgebildet. Ich schrieb das Stück „Escuela“ (Schule) über diese Bewegung. Während der Recherchen lernte ich Jorge Mateluna kennen, der 1992 wegen dieser Aktivitäten zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, nach zehn Jahren aber begnadigt wurde und freikam. Er war mit seinen Erfahrungen an der Entstehung von „Escuela“ beteiligt, und wir tourten damals auch international mit dieser Inszenierung. Ein paar Monate danach erfuhren wir, dass Mateluna erneut verhaftet worden war, und zwar mit der Anschuldigung, an einem Banküberfall beteiligt gewesen zu sein. Daraus erfolgte eine erneute Verurteilung, obwohl in der gesamten Beweislage nichts für eine Beteiligung Matelunas an dem Bankraub sprach. So war...

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