„Was macht dieser weiße, muskulöse, von Gesundheit strotzende Mann da vorne am Bühnenrand mit dieser jungen, schlanken, makellos schönen Frau?“, fragt die Tochter ihre Mutter. Sie ist irritiert. Sie sucht nach den gewöhnlichen, normalen, den alltäglichen Körpern, die sie sonst gewohnt ist, im Theater zu sehen. Dort sind Menschen mit jeden erdenklichen Körperformen zu entdecken, die sie aus ihrem Umfeld kennt. Aber sie ist auch vertraut mit denjenigen Körpern, die versteckt werden wollen. Gebrechliche, gesundheitlich Beeinträchtigte, Behinderte. Sie sind Normalität geworden im Theater. Weder auffällig noch störend. Weder ausstellend noch präsentierend. Einfach Teil des Ganzen.
Aufwachen! Dies ist ein Traum, ein Wunsch. Eine Utopie?
Es bleibt ein weiter Weg. Auch im Jahr 2018. Denn nur wer unentwegt seinen Blick schärft, findet in der deutschsprachigen Theaterlandschaft überhaupt Menschen, Schauspieler*innen, Sänger*innen, Tänzer*innen, Performer*innen, die durch eine geistige oder körperliche Behinderung die Möglichkeit erhalten, Kunst zu machen. Die staatlich subventionierten Häuser, Staats- und Stadttheater, die auf Diversität im Ensemble setzen und einen Umschwung der konventionellen Zuschauerwahrnehmung ankurbeln, sind dabei selbstverständlich keine Neuerscheinung. „Wir machen auch Inklusionstheater!“, steht auf den Fahnen, die im Wind der Veränderung wehen. Dass hierbei die Unterschiede des Dazwischen jedoch nur verschärft werden, ist offensichtlich. Es müssen andere Wege eingeschlagen...