Am 27. Juli 2019 verstarb der Choreograf Johann Kresnik. Der 1939 in Kärnten Geborene erarbeitete 1988 am Theater Heidelberg seine Tanztheater-Version von Shakespeares „Macbeth“. Gottfried Helnwein gestaltete das Bühnenbild, die Musik komponierte Kurt Schwertsik. Eine Rekonstruktion dieser bildgewaltigen Arbeit eröffnete am 11. Juli dieses Jahres die 36. Ausgabe des Festivals ImPulsTanz in Wien. Initiiert von Mei Hong Lin, Leiterin der Tanzsparte am Landestheater Linz, konnten mithilfe alten Videomaterials die Dimensionen der Bühnenbauten berechnet und die choreografischen Abläufe nachgebildet werden. Bei jedem Todesfall – und bei „Macbeth“ gibt es derer ja einige – pumpen Schläuche Blut in ein Becken. Ein Eisentor mit lärmendem Riegel öffnet sich, entlässt die Tänzerinnen und Tänzer für ihre Schwerarbeit in den Raum. Sie hantieren mit Messern, Gedärmen und Riesenstiefeln. Kresniks „Macbeth“ emanzipiert sich von der Shakespeare-Vorlage, wird zur assoziativen Meditation über Gewalt.
Solch große Gesten wirken im Kontext eines zeitgenössischen Tanz- und Performancefestivals antiquiert. Was einst Gegenbehauptung zum Ballett-Kitsch war, ist heute selber Kitsch. Umso erstaunlicher, dass unter den zwölf für den Young Choreographers’ Award nominierten Produktionen die estnische Performancekünstlerin Maria Metsalu mit „Mademoiselle x“ eine Kresnik-epigonale Arbeit vorstellte. Dasselbe Farbschema (Rot, Schwarz und Weiß), dasselbe Leid (eines Körpers, der sich selbst zur Schwerarbeit zwingt). Einziger...