Theater der Zeit

Wendungen

Wutkultur

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Assoziationen: Bernd Stegemann

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Die profane Wut und der heilige Zorn

von Bernd Stegemann

Wer kennt sie nicht, die alltäglichen kleinen Explosionen der profanen Wut? In der langen Kassenschlange verliert plötzlich jemand die Nerven. Zornig ruft er etwas Richtung Kasse und verlässt schimpfend das Geschäft. Seine Einkäufe bleiben zurück, und ich frage mich, wie wütend er erst zu Hause sein wird, wenn ihm die Lebensmittel fehlen. So beruhige ich mich selbst mit dem eingeübten Mantra, dass die kleine Genugtuung durch die öffentlich zur Schau gestellte Wut ein zu geringer Gewinn ist gegenüber dem Schaden, ohne Einkäufe zurückzulaufen. Schwieriger wird dieses Mantra, wenn noch das Gefühl der Ohnmacht hinzukommt, etwa wenn ich in einer Telefonwarteschleife hänge oder in einem Zug sitze, der sich von Station zu Station immer mehr verspätet. Aber auch hier gilt, wer …

Einleitung

  • Wut, das doppelschneidige Schwert

    Jede Wutkultur steht vor der dialektischen Herausforderung, dass die Wut zu den elementaren menschlichen Energien gehört und dass sie zugleich die größte Gefahr für das Miteinander bedeutet. Ohne die Wut …

    von Bernd Stegemann

Die Wut der Täter

  • Die Wut der Täter

    Die Wut, die keinen Weg in die Welt findet, vergiftet den Menschen. Aus diesem Gift entsteht das Ressentiment. Das Leben hält für jeden von uns zahlreiche Kränkungen bereit und setzt …

    von Bernd Stegemann

  • Achtung, Verachtung und Anerkennung

    Der Mensch ist ein kränkbares Wesen. Es gehört zu den schärfsten Waffen der sozialen Interaktion, jemandem die Achtung zu verweigern. Moral hat in allen Gesellschaften eine zentrale Funktion, denn sie …

    von Bernd Stegemann

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  • Klasse versus Identität

    „Die beste konzise Definition von Faschismus lautet: die Ausweitung von Identitätspolitik auf den Bereich des Klassenkampfs.“ Slavoj Žižek9 Klassenpolitik geht davon aus, dass Menschen sich aufgrund ihrer vergleichbaren materiellen Lebensbedingungen …

    von Bernd Stegemann

  • Rechte Identitätspolitik

    Rechte Identitätspolitik ist einfacher gebaut als linke Identitätspolitik. Das verschafft ihr jedoch keine Vorteile bei der Durchsetzung der eigenen Identitätsinteressen. Das Problem, das die Denker einer rechten Identitätspolitik haben, ist …

    von Bernd Stegemann

  • Postnationale Wut

    Die Wutkultur der AfD ist exemplarisch für den Zustand der Gesellschaft. Es gibt ein großes Reservoir an Wut, doch es mangelt an einer Kultur, die damit umgehen kann, und es …

    von Bernd Stegemann

Die Wut der Opfer

  • Die Wut der Opfer

    Rechte und linke Identitätspolitik sind in ihrer Wutbehauptung gleich. Die Rechten füttern ihre Wut, indem sie sich als Opfer einer globalen Elite, feministischer Frauen oder islamischer junger Männer beschreiben, die …

    von Bernd Stegemann

  • Wütende zuerst

    Die Grenze, die durch Kränkung entsteht, teilt nicht nur die Individuen in Gruppen ein, sondern sie legt auch eine Hierarchie zwischen diesen fest. Und damit kommt man zum machtpolitischen Kern …

    von Bernd Stegemann

  • Die neuen Pietisten

    Die beeindruckend paradoxe Leistung der linken Identitätspolitik besteht also darin, dass sie es schafft, aus der individuellen Kränkung Gemeinschaften zu formen, die ihre Interessen wirkungsvoll durchsetzen und zugleich als ohnmächtige …

    von Bernd Stegemann

  • Woke Wut

    Linke Identitätspolitik etabliert im Gegensatz zur rechten eine komplizierte Wutkultur. Sie muss die Thymos-Spannung der Opfer hochhalten und immer wieder neu entfachen. Zugleich muss sie die wütenden Reaktionen der Mehrheitsgesellschaft …

    von Bernd Stegemann

  • Wutkultur, die wütend macht

    Die rechte wie die linke Wutkultur unterbieten den erreichten Stand der Kommunikation. Rechtsidentitäre Wutkultur will zurück zu einem Zustand der Einsinnigkeit. Dabei ignoriert sie, dass die Homogenität, die in der …

    von Bernd Stegemann

  • Biografie

    Bernd Stegemann studierte Philosophie und Germanistik an der FU Berlin und der Universität Hamburg sowie Schauspieltheater-Regie an der Hamburger Theaterakademie. Er promovierte 1999 mit einer „Systemtheoretischen Dramaturgie“ und arbeitet seitdem …