Für alle, die wissen wollen, was Kulturpolitik im gegenwärtigen Deutschland bedeuten kann, kommt dieser Band des früheren Berliner Senators Thomas Flierl gerade recht. Der Philosoph ist Mitte zwanzig, als er beginnt, sich öffentlich in der DDR einzumischen. Seine Polemik gegen den Abriss eines bedeutenden Industriedenkmals, der Gasometer in Berlin Prenzlauer Berg, verlieh ihm damals den Stempel des Provokateurs und drängte ihn aus dem Ost-Berliner Wissenschaftsbetrieb. Seitdem fordert er öffentliche Debatten darüber, was Kultur und Stadt miteinander verbindet. Nicht zuletzt ist es die Berliner Mauer, für die er als linker Kultur- und Wissenschaftssenator ein nachhaltiges Erinnerungskonzept entwirft und umzusetzen beginnt. Dazwischen liegen kontinuierliche und kritische Beobachtungen kultureller Stadtentwicklung der letzten zwanzig Jahre. In zahlreichen Texten und Projektbeschreibungen aus zwanzig Jahren entsteht das eindringliche Bild eines Kulturtheoretikers, der durch die Wende in die politische Praxis geriet, und spiegeln sich zum Teil spektakuläre Gedanken zum Berliner Stadtumbau. Seine Schriften umreißen eine kritische Transformation von Stadt, begreifen vor allem aber die wandelnden Problemlagen als Ansatzpunkt für eine neue Stadtgeschichte. Mit zahlreichen Illustrationen und Fotografien von Arlett Mattescheck und einem NSind Sie ein linker Konservativer, Herr Flierl? Sicher würde ich ein linkes Projekt immer auch im Bewusstsein des Wertes konservativer Anschauungen formulieren. Etwas bewahren und erhalten wollen, ist ja in einem linken Projekt, das auf Nachhaltigkeit beruht, durchaus ein eigenständiger Wert. Und ich würde die damit verbundenen Widersprüche aufgreifen - ich sehe das nicht als etwas Negatives. ... Ich fühle mich aber als einer, der die postmodernen Erfahrungen aufgenommen hat und durchaus Modernist ist.
... Ein Journalist hat einmal formuliert, aus mir spreche der postkommunistische Asketismus. Es geht mir allerdings schon darum, daran festzuhalten, dass Kultur öffentliche Selbstverständigung der Gesellschaft über ihre eigenen Problemlagen ist. Da halte ich am Erbe der Aufklärung fest, was Kritik an der hemmungslosen Kommerzialisierung aller Kulturbereiche einschließt. ... Ich kann gut damit leben, Vorurteile zu enttäuschen statt Erwartungen.
Günter Gaus im Gespräch mit Thomas Flierl am 13. März 2002
chwort von Wolfgang Engler.