Man muss sich Marlene Monteiro Freitas als glückliches Kind vorstellen: aufgewachsen in den achtziger Jahren in Mindelo, der schönen alten Hauptstadt von São Vicente, einer der Kapverdischen Inseln. Der Großvater war ein angesehener Musiker und Komponist, die Mutter spielte Klavier, der Vater gehörte zu der legendären Equipe, die in den sechziger Jahren den „größten Fisch aller Zeiten“ fing.
„Marlene war ein waches Kind“, so beschreibt es ihre Mutter. Wir sitzen im Wohnzimmer in Mindelo, sprechen eine Melange aus Französisch, Portugiesisch und Englisch, kramen in Familienfotos. „Sie gab sich begeistert der künstlerischen Gymnastik hin, und als eine Lehrerin ihr später sagte, sie sei zum Tanzen geboren, handelte sie entsprechend. Seitdem gab es nur noch Tanz für sie.“ Sie praktizierte und fantasierte ihn, schuf erste kleine Choreografien und ging dann nach Lissabon, um Tanz zu studieren. Aber die Ausbildung enttäuschte sie: Was sie lernte, interessierte sie nicht, und was sie interessierte, brachte man ihr nicht bei. Schließlich gelang es ihr, ein Stipendium für P.A.R.T.S. zu bekommen, Anne Teresa De Keersmaekers berühmter Tanzschule in Brüssel.
Fragt man Freitas nach ihren Inspirationsquellen, so kommt an erster Stelle stets der Karneval ihrer Heimat. Den muss man gesehen haben, um ihn zu glauben: ein Rausch aus...