Theater dritter Dimension
Wie Claudia Bossard Theorie produktiv macht
von Hermann Götz
Erschienen in: Arbeitsbuch 2024: Werk-Stück II – Die neue Regie-Generation (07/2024)
Assoziationen: Österreich Akteur:innen Regie Claudia Bossard Deutsches Theater (Berlin)

Es war ein ungewöhnliches Stück Studierendentheater, das es an der Kunstuniversität Graz im Januar 2019 zu sehen gab: Auf der symmetrischen Bühne, die ganz in tiefem Dottergelb erstrahlte, wurde eine streng choreografierte Inszenierung gegeben, die den jungen Schauspieler:innen Einiges abverlangte. Auch musikalisch. Regisseurin Claudia Bossard hatte Friedrich Dürrenmatts Komödie „Romulus der Große“ auf ihren Kern reduziert, das Absurde und zugleich politisch Griffige herausgearbeitet und in die Gegenwart geholt. Text wurde dabei mitunter als Sound verstanden. Deutlich war zu erkennen, dass Bossard die studentischen Akteur:innen – auch aus den Bereichen Bühnenbild und Theatermusik – auf Augenhöhe eingebunden hatte: Ihr aller Anteil am Abend war nicht zu übersehen.
Gerade in diesen Freiräumen, Auslassungen und Strichen wurde bereits manches sichtbar, was die weitere Entwicklung der Künstlerin Claudia Bossard bestimmt hat: ihr Zugang, Literatur zu denken, ihr Umgang mit Musik, ihre Tendenz zur Teamarbeit. Letztere ist für Bossard ein wesentlicher Erfolgsfaktor: Performer:innen werden von ihr als eigenständige Künstler:innen wahrgenommen – das Ensemble als kreatives Kollektiv. Auch deshalb ist München, wo sie am Volkstheater drei Inszenierungen gemacht hat, ein wichtiger Ort für sie: „Es hat sich dort eine Spitzentruppe formiert mit einer spezifischen Arbeitsweise, die ich so noch nirgendwo sonst praktizieren konnte. Das liegt nicht...