Bericht
Explodierendes Dokumentartheater
Der Polish Performing Arts Showcase in Warschau macht neugierig auf mehr
von Thomas Irmer
Assoziationen: Europa International Dossier: Polen Krzysztof Warlikowski
Erschienen am 12.9.2024
Es gibt sie auch in Polen noch, die Verehrung für Sarah Kane, deren erstes Stück „Blasted“ mit leichter Verzögerung eine folgenreiche Entwicklung anstieß und hier einer ganzen Richtung den Namen gab: nowy brutalisty. Ein Vierteljahrhundert später ist „Zerbombt“ offenbar Schulstoff, zumindest an der Warschauer Theaterakademie, wo die Regisseurin Ewa Platt das Stück mit blutjungen Studienanfängern (Kuba Dmochowski und Aleksander Łyś sowie Natalia Szczypka als Cate) in einer eigenen Fassung einstudiert hat. Man staunt über den Mut, aber schüttelt auch den Kopf, wenn das Ganze schockfrei eher wie Streit in einer vermüllten Slacker-WG wirkt.
Vom Konzept her war diese kleine Nachwuchsarbeit als Beitrag der Theaterakademie treffend in den Showcase platziert, den es seit 2017 jährlich unter dem Motto „Generation After“ im Netzwerk des Hauptveranstalters Nowy Teatr gibt. Krzysztof Warlikowskis Haustheater lädt rund drei Dutzend internationale Kritiker:innen und Kurator:innen nach Warschau, um neue Arbeiten bekannt zu machen. Ein dichter Parcours von etwa – samt Beiprogramm – 20 Inszenierungen in nur drei Tagen.
Natürlich ist auch der zeitgenössische Tanz längst Teil der Szene, und hier stach Hana Umedas „Rapeflower“ als besonders heraus. Das Stück behandelt die Langzeitfolgen einer Vergewaltigung mit Bezug auf ein nur von Frauen ausgeübtes japanisches Tanzritual aus dem 19. Jahrhundert,...
Erschienen am 12.9.2024