Das Festival Mondial de la Marionnette im beschaulichen Charleville-Mézières ist ein Kraftakt, sowohl für die Macher – Anne-Francoise Cabanis und ihr Team – als auch für die zahllosen, unverzichtbaren Ehrenamtlichen, und ebenso für die professionellen Beobachter, die nur darauf hoffen können, dass sie in ihrer Programmauswahl einige richtige Entscheidungen getroffen haben. Über 50.000 Zuschauer*innen sahen 400 Vorstellungen, das überbordende Straßentheater-Angebot und das „Off“ mitgezählt, erreichte das Festival sogar 170.000 Menschen. Traurige Besonderheit war die aufgrund der Terrorgefahr schwer bewaffnete Polizeipräsenz und die Sperrung der kompletten Innenstadt für den Verkehr; letzteres kam dem bunten Treiben aber natürlich sehr entgegen.
Inmitten des Trubels erzeugte die Regisseurin Alice Laloy (La compagnie S’appelle reviens) mit einer verstörenden Fotoausstellung auf einer Stadtmauer einen Moment des Innehaltens. Lebensechte Portraits von Figuren schauen die Passanten an, Jungen und Mädchen, an Fäden befestigt. Sie wirken seltsam disloziert und akut gefährdet.
Lebensecht wirkten auch die Figuren einer Romanadaption von der renommierten Compagie Papierthéâtre, deren Gründer Alain Lecucq und Kodirektorin Narguess Majd bewusst für erwachsenes Publikum produzieren und die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Autor*innen suchen. Dieses Mal wählte Narguess Majd den Roman „Ein Geheimnis der Straße“ der mehrfach ausgezeichneten iranischen Autorin Fariba Vafi aus. Sie schrieb daraus ein Drehbuch, entwickelte ein...