Theater der Zeit

Kraftfeld Chor

Aischylos Sophokles Kleist Beckett Jelinek

360 Druckseiten, 14 Beiträge, Ausgabe kaufen

Assoziationen: Ulrike Haß

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Ohne Anfang ohne Ende

von Ulrike Haß

Alle Versuche, den Anfang des Chors zu ermitteln, laufen ins Leere. Sie stoßen zwar auf eine Vielzahl von Ursprungsherden in den ländlichen Dionysien und Agrarkulten, aber diese verzweigen sich weit über das archaische Zeitalter hinaus und schließlich verlieren sie sich. Für die Anfänge des Chors gibt es keine Zeitangabe, kein Datum. Der Chor hat weder Adresse noch Urheber. Kein Dichter hat ihn sich ausgedacht. Sicher ist nur, dass der Name chorus zunächst einen Tanzplatz bezeichnete, einen simplen Treffpunkt für all jene, die sich zu den großen Frühlingsfesten versammelten, um tage- und nächtelang zu singen und zu tanzen. Die Feste galten den Wiedergeburten des Gottes Dionysos wie auch der Erde. Denn beide haben ihr eigenes Leben, das endet und das wiedergeboren …

I Aischylos Sophokles / Antike Konstellationen

  • Gattungs-trouble

    Das Theater der griechischen Antike beginnt mit einer Figur, die nicht ganz zum Theater gehört und die über das Theater, wie wir es kennen, hinausführt. Eine Figur der Pluralität, der …

    von Ulrike Haß

    Foto: Epidauros-Katalog In: Kōstas Geōrgousopoulos/ Savvas Gōgos, Epidauros. To archaio theatro, hoi parastaseis. Athen 2002, S. 27

  • Fragment-Bewusstsein

    Das Chorgedächtnis der antiken Tragödien betont die Erde als Trägerin und Nährerin aller Lebewesen und als ihr Grab. In der Tradition von klassischen Philologen und Übersetzern wie Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, …

    von Ulrike Haß

    Foto: Johannes Laurentius

  • Topologie des Chors

    Ein Chor kennt keine Selbstbehauptung. Er behauptet sich nicht als Wendepunkt des Geschehens wie Protagonisten, die wie Ödipus zum Beispiel sagen: Ich richte die Stadt wieder auf, ich nehme die …

    von Ulrike Haß

    Foto: Mark Lammert

  • Der andere Körper des Theaters

    Der Chor, der aus der aktuellen Zeit heraustritt und auf der Seite von Äon mit weit zurückreichenden Erinnerungskünsten betraut wird, ist der Chor der stásima. Die Standlieder, deren innere Strophengliederung …

    von Ulrike Haß

II Kleist / Abfall der Könige, Fürsten und Väter

  • Um 1800

    Mit Kleist geht es um die Schwelle 1800. Das ist ein gewaltiger Zeitsprung. Aber das fünfte vorchristliche Jahrhundert und die Moderne sind auch miteinander verklammert. Was sich in den griechischen …

    von Ulrike Haß

  • Jean-Jacques Lequeu, in: Johnny Leya, Ici Repose Jean-Jacques Lequeu, De te fabula narratur, Brüssel 2015, S. 122

    Das Guiskard-Fragment

    Im Doppelheft April/Mai 1808 wird das Guiskard-Fragment in der von Kleist und Adam Müller herausgegebenen Zeitschrift Phoebus. Ein Journal für die Kunst veröffentlicht. Kleists Kämpfe um dieses Stück, über die …

    von Ulrike Haß

  • Adolph Menzel, Ansprache Friedrichs des Großen an seine Generäle (1864/5). In: Claude Keisch/Marie Ursula Riemann-Reyher (Hg.), Adolph Menzel 1815–1905. Das Labyrinth der Wirklichkeit. 1996, S. 197

    Der Prinz in der Orchestra

    Alle anhand des Guiskard-Fragment angesprochenen Aspekte finden sich auch im Prinz Friedrich von Homburg wieder: Ein Krieg, eine fragliche Beziehung zum Namen, zur Referenz, eine Vater-Sohn-Konstellation, die Frage des Nachfolgens …

    von Ulrike Haß

III Beckett / Kein dramatisches Vakuum ohne Chor

  • Honoré Daumier, Monsieur Gogo et les nouvellistes de la Bourse, 1838

    Spiele mit Zuschauern

    Mit Beckett geht es um die Zeit nach 1945, wobei ich mich nur auf das, insbesondere von den Deutschen der Nachkriegszeit zwangs umarmte Stück Warten auf Godot stütze. Wladimir und …

    von Ulrike Haß

    Foto: Privatsammlung

  • „Ne travaillez jamais“ (Arbeit? Niemals!), 1953 malte Debord diese Parole an eine Wand in der Rue de Seine von Paris

    „Ne travaillez jamais!“

    Als Beziehungsweise bilden Herr und Knecht die Form eines unauflöslich, hierarchisch ineinander verschränkten Paares. Ihre wechselseitige Definition verhindert jede Möglichkeit einer Separation. Ihre Abhängigkeit ist der Art, dass sie die …

    von Ulrike Haß

IV Jelinek / Abfall von der Rolle Frau und von allem

  • Modernes Hospital um 1800

    Die Rolle verwerfen

    Mit Jelinek geht es um das Verwerfen der Rolle Frau, mit dem die relativ junge Epoche der Rollen überhaupt zu Ende geht. Jelineks Schreiben öffnet sich für Räume ohne Vordergrund, …

    von Ulrike Haß

    Foto: Privatsammlung

  • Wolfsmenschen mit Brüsten auf etruskischen Vasen etwa um 600 v. Chr.

    Im Abseits. Theater schreiben

    Wie entdeckt Jelinek den Chor? Wie entstehen Jelineks chorisch-monologische Suaden mit ihren fluiden, wechselhaft gegeneinander und ineinander übergehenden Sprecherinstanzen? Mit ihren abrupten Wechseln zwischen Ich und Wir, ihren unvermittelt dazwischenfahrenden …

    von Ulrike Haß

    Foto: von Chuzeville

  • Sophokles, Die Satyrn als Spürhunde, Papyrusfragment, Vers 96–138

    Altes Lied

    Die Erfindung der alten Leier Die alte Leier der zwei Geschlechter gehört zu jenen Erfindungen, die ständig neu erfunden werden müssen. Mit dem Begriff der Erfindung ist die Gewissheit verbunden, …

    von Ulrike Haß

  • Zum Schluss, vorerst

    Es ist ein Zufall, dass Die Perser des Aischylos, neben all seinen Stücken, die verloren sind, die älteste uns überlieferte Tragödie ist. Es ist jedoch kein Zufall, dass diese Tragödie …

    von Ulrike Haß